Seit über fünfzehn Jahren gibt es wieder Wölfe in Deutschland. Zunächst waren es nur ein paar, inzwischen sind es über 70 Rudel, über 30 Paare und weitere verstreut lebende Einzeltiere. "Geht das gut?" fragen sich viele und denken vielleicht an den letzten Zoobesuch oder Zeitungsmeldungen, die häufig Ängste schüren. Ja, das geht gut, der Mensch gehört nicht zum Beutespektrum des Wolfes, es gab bisher keine für Menschen gefährlichen Aufeinandertreffen, seit die Wölfe wieder in Deutschland leben.
Wilde Wölfe sind vorsichtig. Selbst die Menschen, die in der Oberlausitz, dem Zentrum des deutschen Wolfsvorkommens, leben und dazu viel in der Natur unterwegs sind, haben häufig noch nie einen Wolf gesehen. Zum einen sind die Wölfe größtenteils nachtaktiv und daher schwer zu entdecken. Zum anderen können sie außergewöhnlich gut sehen, riechen und hören und gehen dem Menschen wenn möglich aus dem Weg.
Vor allem junge, neugierige Wölfe werden gesehen, die meist die Familie verlassen haben und auf der Suche nach einem eigenen Revier sind.
Nein. Die Wölfe haben sich in Deutschland vermehrt - ja. Das heißt aber nicht, dass sie an einem Ort immer mehr geworden sind. Junge Wölfe bleiben meist zwei Jahre im Kreis ihrer Familie und suchen sich dann ein eigenes Revier. Das heißt sie verlassen die Region in der sie geboren wurden. Es kommen also lediglich Gebiete hinzu in denen Wölfe vorkommen, die Dichte der Wölfe hängt wie die anderer Fleischfresser von dem Beuteangebot ab und steigt nicht. Ein Rudel beansprucht in der Lausitz meist zwischen 300 und 350km2, stellt euch mal 18km im Quadrat vor. Je nach Jahres- und Tageszeit sind dann in solch einem Gebiet zwischen zwei und zehn Wölfen unterwegs. Die Wölfe benötigen in solch einem großen Gebiet nicht zwangsläufig unberührte Natur, sondern kommen sehr gut in einer Kulturlandschaft zurecht, haben dort meist genügend Möglichkeiten, Menschen aus dem Weg zu gehen.
Rehe, Hirsche und Wildschweine vor allem. Menschen werden nicht angegriffen, auch nicht in strengen Wintern, wie manchmal vermutet wird. Vor allem Halter von Schafen und Ziegen sollten diese im Wolfsgebiet nachts nicht ungeschützt lassen. Herdenschutzhunde und Elektrozäune helfen hier weiter - Förderprogramme auf Landesebene bei der Finanzierung. In Wolfsgebieten sollten Hunde angeleint werden, sonst besteht die Gefahr, dass sie von Wölfen als Konkurrenten angesehen und angegriffen werden.
Probleme gibt es in diesem Kontext schon, das sollte an dieser Stelle auch genannt werden: Herdenschutzhunde sind eine gute Schutzmethode für Schafherden, sie sind aber auch schwer verfügbar, die Nachfrage war einfach viele Jahre lang nicht groß, deshalb wurden die Züchtungen zurückgefahren. Zudem wachsen diese Hunde mit den Schafherden auf, es dauert also eine Weile, bis sie wirklich wirksam werden.
Die Förderungen von Wolfschutzmaßnahmen ist Ländersache, ein Grund für unter-schiedliche Regelungen innerhalb Deutschlands. Manchmal wird nur der Mindestschutz gefördert, in NRW gibt es erst Geld, wenn sich in einem Gebiet Wölfe niedergleassen haben und es offiziell zum Wolfsgebiet erklärt wurde. Das kann dann zur Folge haben, dass die Wölfe bereits ungeschützte Nutztiere erlegt haben und damit ihre Welpen füttern, die damit den Geruch kennenlernen und der Kategorie Nahrung zuordnen. Ein früherer Schutz wäre hier notwendig.
Von Jägern wird schon mal angeführt, der Wolf gehöre nicht hierhin, beispielsweise weil er Mufflons dezimiere. Das mit den Mufflons stimmt, allerdings gehören diese eigentlich in Bergregionen, wie die auf Korsika, wo sie bei Gefahr in die Felshänge flüchten. Die gibt es hier nicht so häufig, so dass die Mufflons in Deutschland wirklich keine guten Überlebenschancen haben. Daraus abzuleiten, der Wolf früher schon hier heimische gehöre nicht nach Deutschland, ist meiner Meinung nach abenteuerlich.
Paul Paquet, einer der bekanntesten Wolfsforscher sagte mal auf die Frage, wieso der Wolf denn wieder unter uns leben sollte: "Ich lehne es ab, die Natur zu rechtfertigen." Ich bin da ganz bei ihm. Immer wenn Menschen versuchen die Natur zu steuern geht es am Ende schief. Diese Aufteilung der Tier- und Pflanzenwelt in "Nützlinge" und "Schädlinge" ist aus meiner Sicht nicht nur ethisch nicht tragbar, sondern kurzsichtig, arrogant und dumm - wie schon an anderer Stelle gesagt: Wir wissen einfach viel zu wenig.
Die Presse spielt in der ganzen "Diskussion" leider nahezu vollständig eine aus meiner Sicht erbärmliche Rolle. Nutztierrisse werden regelmäßig geradezu genüßlich angstschürend dargestellt: "es werden immer mehr Wölfe", "wann muss das erste Kind sterben?", "ein Waldkindergarten hat geschlossen!", "Wölfe im Blutrausch - fressen mehr als sie brauchen" und so weiter.
Was nahezu sämtlichen Berichten fehlt, ist eine sachliche Analyse:
Ich bin nicht völlig naiv, würde mir aber wünschen, dass Journalisten sich der Verantwortung ihrer wichtigen Tätigkeit bewusst zeigen.
Zum Schluss vielleicht noch eine Beobachtung aus Rumänien: Ich war dort in den nördlichen Karpaten unterwegs und habe die Schafhaltung beobachtet und mit Einheimischen diskutiert. Die sagen dort: "Wir würden unsere Tiere nie alleine lassen!" Dörfer tun sich dort zusammen und schicken ihre Schafe gemeinsam mit Herdenschutzhunden und 2-3 Schäfern in die Berge, in denen es neben Wölfe auch Luchse und Bären gibt. Dort haben die Menschen nur wenig Probleme mit den Beutegreifern. Jetzt gibt es Stimmen in Deutschland, die argumentieren, dass sich das hier nicht finanzieren lässt. Meiner Meinung nach sollte das gehen, es müsste dann nur entsprechende vermarktet werden. Deutsche haben gezeigt, dass sie bereit sind, für nachhaltige Produkte, die beispielsweise das Bio- oder Fairtrade-Siegel tragen, mehr zu bezahlen. Gern diskutiere ich hierüber mit Menschen anderer Auffassung.
Hier eine kurze Filmsequenz von mir vom September 2019: Sehr ungewöhnliche zehn Welpen mit einem Jährling im Seenland, nicht alle sind glaube ich sichtbar. Glück muss man haben .... und Ausdauer ;-).
Das hier sollte nur ein kleiner Einstieg ins Thema sein. Auf der Homepage www.wolf-sachsen.de gibt es weitergehende Informationen sehr schön zusammengefasst.
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